Die VersVermV regelt die Details, wie Vermittler die neue Vertriebsrichtlinie IDD (Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb), die überwiegend bereits zum 23. Februar 2018 in das deutsche Recht umgesetzt worden ist, in praktisches Handeln umzusetzen haben. Folgende Regelungen sind hervorzuheben:
1. Bereits seit dem 23. Februar 2018 gilt in Deutschland die Regelung des § 34 d Abs. 9 Satz 2 GewO, die insbesondere für Versicherungsvermittler sowie die unmittelbar bei der Vermittlung oder Beratung mitwirkenden Beschäftigten eine jährliche Fortbildungspflicht von 15 Stunden vorsieht. Die Details, wie die Fortbildung zu erfolgen hat, sind nun in der neuen VersVermV geregelt. Dabei hat es zum ersten Entwurf der VersVermV aus Oktober 2017 noch maßgebliche Änderungen gegeben:
So war ursprünglich im neuen § 7 Abs. 3 VersVermV für das Jahr 2018 nur eine anteilige Fortbildungspflicht von 12,5 Stunden vorgesehen. Diese Regelung ist gestrichen worden, sodass nunmehr bereits für das Jahr 2018 eine Fortbildung in einem Umfang von 15 Stunden erforderlich ist.
Vereinfacht wurde zudem der Nachweis der Fortbildungspflicht. Während der erste Entwurf der VersVermV im neuen § 7 Abs. 2 VersVermV noch einen aufwändigen jährlichen Nachweis gegenüber der zuständigen IHK vorsah, ist ein Nachweis nach der endgültigen Fassung des § 7 Abs. 3 VersVermV nunmehr nur noch auf Anordnung der zuständigen IHK zu erbringen. Gemäß der Regelung in § 7 Abs. 2 VersVermV müssen die zur Weiterbildung verpflichteten Gewerbetreibenden zukünftig allerdings Nachweise und Unterlagen über die Weiterbildungsmaßnahmen, an denen sie oder ihre zur Weiterbildung verpflichteten Beschäftigten teilgenommen haben, über einen Zeitraum von fünf Jahren auf einem dauerhaften Datenträger vorhalten und in den Geschäftsräumen aufbewahren.
Unverändert zum ersten Entwurf sieht die neue VersVermV in § 7 Abs. 1 weiterhin vor, dass die Fortbildung sowohl in Präsenzform als auch im Selbststudium, durch betriebsinterne Maßnahmen oder in einer anderen geeigneten Form erfolgen kann. Eine Lernerfolgskontrolle ist dabei in der finalen Fassung der VersVermV nur noch bei Weiterbildungsmaßnahmen im Selbststudium vorgesehen.
2. Zu beachten ist, dass mit Inkrafttreten der neuen VersVermV erweiterte Erstinformationen zu erteilen sind. Die bisherige Regelung in § 11 VersVermV wird ersetzt durch die neue Regelung in § 15 VersVermV, die ergänzend zu den bislang schon zu erteilenden Information die Erteilung der folgenden Informationen beim ersten Geschäftskontakt vorsieht:
- ob der Vermittler eine Beratung anbietet,
- die Art der Vergütung, die er im Zusammenhang mit der Vermittlung erhält,
- ob die Vergütung direkt vom Kunden zu zahlen ist oder als Provision oder sonstige Vergütung in der Versicherungsprämie enthalten ist,
- ob er als Vergütung andere Zuwendungen erhält und
- ob seine Vergütung aus einer Verknüpfung der in den beiden vorgenannten Punkten genannten Vergütungen besteht.
Neu ist auch, dass die Erstinformationen zukünftig nach dem neuen § 16 Abs. 1 VersVermV grundsätzlich auf Papier zu erbringen sind. Nach der bisherigen Regelung in § 11 VersVermV war eine Erteilung in Textform ausreichend. Allerdings regelt der neue § 16 Abs. 2 VersVermV Ausnahmen von der Erteilung auf Papier. So ist es in bestimmten Fällen möglich, die Erstinformationen auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder über eine Webseite zu erteilen. Hier ist daher eine Angleichung an § 6 a VVG erfolgt.
3. Umgesetzt wurde in § 14 Abs. 1 VersVermV die Vorgabe aus Art. 25 Abs. 1 IDD, wonach der Gewerbetreibende über alle sachgerechten Informationen zu dem Versicherungsprodukt und dem Produktfreigabeverfahren einschließlich des bestimmten Zielmarktes des Versicherungsproduktes verfügen muss.
Hier ist insbesondere durch die Versicherer sicherzustellen, dass den Vermittlern die erforderlichen Informationen umfassend zur Verfügung gestellt werden, was auch aus § 23 Abs. 1 c VAG folgt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die BaFin in ihrem neuen Rundschreiben 11/2018 zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb davon ausgeht, dass es im Rahmen der den Versicherungsunternehmen obliegenden Pflicht zur Produktüberwachung (vgl. § 23 Abs. 1 b VAG) angezeigt ist, mit den Vertriebspartnern (außer Versicherungsmakler und -berater) in angemessener Weise Informationspflichten zu vereinbaren (vgl. auch Art. 11 DVO POG, wonach ein Versicherungsvertreiber, der erkennt, dass ein Versicherungsprodukt nicht im Einklang mit den Interessen, Zielen und Merkmalen des jeweiligen ermittelten Zielmarkts steht, oder dem sonstige produktbezogene Umstände bekannt werden, die nachteilige Auswirkungen auf den Kunden haben können, unverzüglich den Hersteller zu unterrichten und gegebenenfalls seine Vertriebsstrategie für das betreffende Versicherungsprodukt zu ändern hat). Insoweit sind also gegebenenfalls bestehende Vermittlerverträge anzupassen.
4. Schließlich ist auf die neue Regelung in § 14 Abs. 2 VersVermV hinzuweisen. Dort ist geregelt, dass der Gewerbetreibende seine Beschäftigten nicht in einer Weise vergüten oder bewerten darf, die mit ihrer Pflicht, im bestmöglichen Interesse der Versicherungsnehmer zu handeln, kollidiert. Damit wird die bereits in § 48 a VAG für Versicherer vorgesehene Regelung zur Vertriebsvergütung auf Versicherungsvermittler übertragen. Der Gewerbetreibende darf keine Vorkehrungen durch die Vergütung, Verkaufsziele oder in anderer Weise treffen, durch die Anreize für ihn selbst oder seine Beschäftigten geschaffen werden könnten, einem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl er ein anderes, den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers besser entsprechendes Versicherungsprodukt anbieten könnte. Diese Regelung gilt für alle Versicherungsprodukte.
Daneben gibt es für Versicherungsanlageprodukte ergänzende Vorschriften zur Vermeidung und Offenlegung von Interessenkonflikten in den neuen §§ 18, 19 VersVermV.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch in der VersVermV nicht näher konkretisiert wird, in welchen Fällen von einer Interessenkollision auszugehen ist. Die BaFin geht in ihrem Rundschreiben 11/2018 bezogen auf alle Versicherungsprodukte davon aus, dass wirtschaftliche Vorteile jeder Art geeignet sein können, einen Anreiz zu setzen. Dies gilt nach Auffassung der BaFin auch für Zuwendungen, die an Dritte gewährt werden, soweit sich hieraus auch ein wirtschaftlicher Vorteil für den Versicherungsvermittler ergibt, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn eine direkte oder indirekte gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem Dritten besteht.
Ein Fehlanreiz kann sich nach Auffassung der BaFin bereits aus der Höhe der Provision für den einzelnen Vertragsabschluss ergeben, wobei die BaFin keine konkrete Provisionshöhe nennt, die sie nicht mehr für angemessen hält. Fehlanreize können sich ferner nach Auffassung der BaFin ergeben, wenn die Höhe der Provision für den individuellen Vertragsabschluss an das Erreichen von Verkaufsvolumina (Absatzziele) innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (z. B. das Kalenderjahr) geknüpft wird oder Bonuszahlungen erfolgen. Insoweit erstreckt die BaFin ohne weitergehende Begründung einen Teil der Kriterien für Fehlanreize, die nach der Delegierten Verordnung (C (2017) 6229) der Europäischen Kommission in erster Linie für Versicherungsanlageprodukte gelten, auch auf andere Versicherungsprodukte.
Ansprechpartner
RA Dr. Alexander Beyer, Köln
alexander.beyer@bld.de
RAin Sabine Harazim LL.M., Köln
sabine.harazim@bld.de