Kann die umfassende Beratungspflicht schnell zu einer Haftungsfalle für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte werden? In der zweiten Ausgabe 2024 der Zeitschrift für VersR (VersR 2024, 80 ff.) kommentiert BLD Senior Associate Niels Danylak die Entscheidung des BGH vom 20. April 2023 (IX ZR 209/21), in der es um einen solchen Sachverhalt geht. Die neue BGH-Entscheidung stellt Danylak in den Kontext der bisherigen Rechtsprechung.
Schon nach der vorherigen BGH-Rechtsprechung liegt die Verantwortung beim Rechtsanwalt, seine Mandanten bei Vergleichsgesprächen über Inhalt, Tragweite sowie Vor- und Nachteile aufzuklären. Bei Abfindungsvergleichen, die zukünftige und noch ungewisse Ansprüche abdecken, entsteht eine besonders intensive Beratungspflicht. Zentrales Beratungskriterium ist die Einschätzung der Prozessaussichten, jedoch müssen auch wirtschaftliche Aspekte, das Kostenrisiko sowie die Vorteile einer schnellen Streitbeilegung berücksichtigt werden.
Im Urteil von April 2023 verdeutlicht der BGH diese Grundsätze. Er betont, dass der Rechtsanwalt bei „Weichenstellungen“ wie einem anstehenden Vergleich die Sach- und Rechtslage verständlich darstellen muss. Die Entscheidung konkretisiert, dass Rechtsanwälte nicht ohne weiteres auf die Vorkenntnisse ihrer Mandanten vertrauen können.
Aus dem Urteil ergibt sich Danylak zufolge eine erhöhte Beratungspflicht bei Abfindungsvergleichen. Anwälte müssen ihre Mandanten umfassend über Risiken und Chancen aufklären, insbesondere bei Abfindungsklauseln im Arbeitsrecht und bei Personenschäden. Praxishinweise unterstreichen die Empfehlung, eine ausführliche Belehrung schriftlich festzuhalten, um im Haftungsprozess die Darlegungslast zu erfüllen. Mit Blick auf komplexe Abfindungsregeln rät Danylak, den Vergleich im Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich auf Widerruf zu schließen und diesen dann mit dem Mandanten zu besprechen.
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