Ein Rückgriffsanspruch des gesetzlichen Unfallversicherers gegen den Unternehmer gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII setzt voraus, dass der Unternehmer, dessen Haftung nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII beschränkt ist, selbst oder durch eine in § 111 Satz 1 SGB VII genannte, in Ausführung der ihr zustehenden Verrichtungen handelnde, vertretungsberechtigte Person den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Eine Zurechnung des Verschuldens sonstiger Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben, gemäß § 278 BGB kommt im Rahmen des Rückgriffsanspruchs gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht.
Anmerkung
Der VII. Zivilsenat des BGH hatte sich mit einem Aufwendungsersatzanspruch der Unfallversicherung nach § 110 SGB VII nach einem Arbeitsunfall zu befassen. In der Regel ist der VI. Zivilsenat für solche Ansprüche zuständig. Der VII. Zivilsenat ist von der bisherigen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats nicht abgewichen und hat diese auch nicht fortgebildet.
Ein Mitarbeiter des beklagten Unternehmens war bei Dachdeckerarbeiten gestürzt. Ursächlich war eine unzureichende Gerüstabsicherung. Mit der Errichtung des erforderlichen Gerüstes war ein weiteres Unternehmen beauftragt worden. Die gesetzliche Unfallversicherung, welche den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt hatte, nahm Regress nach § 110 SGB VII gegen den Arbeitgeber, dessen Geschäftsführer, der als Bauleiter eingesetzt war, und nach § 116 SGB X gegen den Gerüstbauer.
Das Berufungsgericht verurteilte die Arbeitergeberin mit der Begründung, der verletzte Mitarbeiter habe gegen den Gerüstbauer einen Schadenersatzanspruch. Dieser würde sich nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch gegen die Beklagte zu 1) richten, die den Auftrag zur Erstellung des Gutachtens erteilt habe. Dieser Schadenersatzanspruch sei nach § 116 SGB X auf die Berufsgenossenschaft übergegangen und könne deshalb gegen die Arbeitgeberin geltend gemacht werden. Der kurzen Zusammenfassung im Revisionsurteil ist nichts zu entnehmen, ob das Berufungsgericht hierauf tatsächlich die Verurteilung gestützt hat oder nur auf den Aufwendungsersatzanspruch nach § 110 Abs. 1 SGB VII. Einen solchen Aufwendungsersatzanspruch hat das Berufungsgericht mit der Begründung angenommen, dass sich die Arbeitgeberin nach § 278 BGB das Verschulden des von ihr beauftragten Unternehmers zuzurechnen habe.
Es ist nicht verwunderlich, dass das OLG Jena, dessen Urteil nicht veröffentlicht ist, bei seiner Entscheidung verunsichert war und die Revision zugelassen hat. Der VII. Zivilsenat des BGH zeigt auf, dass sich schon aus § 111 SGB VII die Unrichtigkeit der Entscheidung ableiten lässt. In § 111 SGB VII ist enumerativ geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Unternehmen selbst in Anspruch genommen werden kann. Hierzu gehört eben nicht der Erfüllungsgehilfe. Einer Ausweitung der Unternehmenshaftung nach § 111 SGB VII hat der BGH eine deutliche Absage erteilt und hierbei auf Wortlaut und Systematik der §§ 110, 111 SGB VII hingewiesen. Sinn und Zweck der Regelung ist einer präventive und erzieherische Wirkung, mit der die Unternehmen angehalten werden sollen, selbst Sorge für ihre Mitarbeiter zu treffen. Eine Inanspruchnahme der Arbeitgeberin nach §§ 110, 111 SGB VII kommt daher nur in Betracht, wenn der Geschäftsführer selbst grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt hat. Hierzu hatte das Berufungsgericht aber keine Feststellungen getroffen, sodass der BGH das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat.
Gerade bei solchen Gerüstfällen sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten für einen Bauleiter hoch. Inwieweit sich hier Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten ergeben haben, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Das Berufungsgericht hatte aber wohl die Klage gegen den Bauleiter abgewiesen, was gegen ein grob fahrlässiges Verhalten spricht. Der BGH sah sich veranlasst, einen weiteren Fehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Es hatte eine Haftung der Arbeitgeberin für den beauftragten Gerüstbauer mit § 278 BGB begründet und diesen als Erfüllungsgehilfen eingestuft. Hierbei hatte das Berufungsgericht aber übersehen, dass ein Schuldverhältnis zwischen gesetzlichem Unfallversicherer und Unternehmen vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht besteht und dies erst mit dem Versicherungsfall begründet wird. Eine nach § 278 BGB erfolgte Zurechnung des Verschuldens einer Person setzt aber ein bereits bestehendes Schuldverhältnis voraus.
Im Ergebnis enthält das Urteil des VII. Zivilsenats keine neuen Aspekte, betont die eingeschränkte Haftung des Unternehmens nach § 111 SGB VII und war letztlich ein Lehrstück für das Berufungsgericht.