1. Der Versicherungsnehmer (bzw. dessen Erben) hat den Vollbeweis für das Vorliegen eines versicherten Wildunfalls nach § 286 ZPO zu erbringen.
2. Ist bereits im Streit, ob, wann und wie sich der Unfall ereignet hat, wäre zunächst im Rahmen der Sachaufklärung die Klägerin (angebliche Beifahrerin) nach § 141 ZPO anzuhören und dann im Anschluss ein Gutachten zur Plausibilität des Hergangs und der Schäden einzuholen.
3. Erscheint die Klägerin trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens zu zwei Terminen nicht, weil ihr Prozessbevollmächtigter ihr mitteilte, ein Erscheinen sei nicht erforderlich (erster Termin) und sie den zweiten Termin vergisst, ist sie mit der Anhörung nach § 356 ZPO ausgeschlossen.
4. Es ist dann auch kein Gutachten einzuholen, weil mangels Anhörung auch der konkrete Unfallhergang nicht feststeht.
Anmerkung
Die Entscheidung des Gerichts ist zu begrüßen. Das Gericht sieht hier den Versicherungsnehmer bzw. die Rechtsnachfolger in der Verpflichtung, zunächst an der vollständigen Aufklärung des behaupteten Versicherungsfalls mitzuwirken, um dem Sachverständigen die Möglichkeit zu geben, anhand möglichst vieler feststehender Parameter die Plausibiltät der Unfallschilderung zu prüfen. Einer Ausforschung etwaiger und möglicher Geschehensabläufe durch ein ohne weitere Anhörung der Insassin beauftragtes Gutachten oder nachträgliche Erklärungen schiebt das Gericht damit einen Riegel vor.
Ansprechpartnerin
RAin Runa Stopp, Berlin
runa.stopp@bld.de
Beweislast bei vorgeblichem Wildunfall (mit BLD-Anmerkung)
LG Osnabrück, Urteil vom 27.12.2023 - 12 O 2684/22 (nicht rechtskräftig)