Im Rahmen der Bemessung des Hinterbliebenengeldes hat eine rein schematische Bemessung zu unterbleiben, der im Gesetzesentwurf benannte Betrag von 10.000,00 Euro stellt (lediglich) eine Orientierungshilfe dar.
Anmerkung
Im Ausgangspunkt hält die Revisionsentscheidung fest, dass die Bemessung der Höhe der angemessenen Entschädigung des Hinterbliebenengeldes grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters ist. Der VI. Zivilsenat tritt dem Berufungsgericht bei und führt aus, dass bei der Festsetzung der Hinterbliebenenentschädigung nicht lediglich eine schematische Bemessung vorgenommen werden darf, sondern die konkrete seelische Beeinträchtigung des betroffenen Hinterbliebenen zu bewerten ist und hierbei die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den in dem Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD genannten Betrag in Höhe von 10.000,00 Euro als Orientierungshilfe für die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung angesehen hat, von der allerdings unter Berücksichtigung der den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände nach unten oder oben abgewichen werden kann.
Vorliegend hatte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des bereits vorprozessual gezahlten Betrages eine Hinterbliebenenentschädigung in Höhe von insgesamt 12.000,00 Euro ausgeurteilt.
Zur Aufhebung dieser Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht ist es allein deshalb gekommen, weil das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hatte, dass die Klägerin sich auch auf mittelbar erlittenes seelisches Leid berufen hatte. Die Klägerin hatte vorgetragen, der Tod ihres Vaters, der Mittelpunkt der Familie gewesen sei, habe insbesondere auf ihren an Autismus leidenden Bruder massive Auswirkungen gehabt, die dazu geführt hätten, dass sie, die Klägerin, in erheblichem Umfang in die Betreuung eingespannt werde. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen unberücksichtigt gelassen. Ihm soll jetzt Gelegenheit gegeben werden, unter Berücksichtigung dieses Vorbringens die Höhe der Hinterbliebenenentschädigung abschließend festzulegen.
Ansprechpartnerin
RAin Sibille Bucka, München
sibille.bucka@bld.de
Die Bemessung des Hinterbliebenengeldes ist Sache des Tatrichters (mit BLD-Anmerkung)
BGH, Urteil vom 23.5.2023 - VI ZR 161/22