1. Kommt es zu einer Beschädigung durch überfahrene Trümmerteile eines zuvor stattgefundenen Verkehrsunfalls, haften die an diesem Unfall Beteiligten auch für die aufgrund des Zweitunfalls aufgetretenen Schäden, weil die Fahrer die Unfallstelle nicht zügig und in der gebotenen Weise abgesichert haben.
2. Zulasten des die Trümmerteile Überfahrenden ist aber zusätzlich zur einfachen Betriebsgefahr seines PKW zu berücksichtigen, dass er die Geschwindigkeit nicht adäquat verringert und/oder nicht adäquat reagiert hat. Erschwerend kommt hinzu, dass er Veranlassung hatte, von einer sehr gefährlichen Situation, nämlich einem unbeleuchteten Gegenstand mitten auf der Fahrbahn einer Autobahn bei Nacht auszugehen und daher in besonderem Maße zur Vorsicht angehalten war. Bei pflichtgemäßer Fahrweise hätte er rechtzeitig anhalten können, zum anderen hätte er die Unfallsituation wesentlich langsamer wahrgenommen und so die für seine psychischen Folgen maßgebliche Fehlvorstellung vermeiden können.
Anmerkung
Zunächst kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei LKW, von denen der eine auf einem Standstreifen stand. Ein vorbeifahrender LKW stieß gegen diesen, wobei beide LKW beschädigt wurden und Trümmerteile auf der Fahrbahn lagen. Nachfolgend fuhr u.a. der Kläger mit seinem Fahrzeug über diese Trümmerteile, wodurch es zu Beschädigungen des Fahrzeugs kam. Umstritten waren die Zurechnung dieses zweiten Verkehrsgeschehens zum ersten Verkehrsgeschehen und insbesondere zu dem auf dem Standstreifen stehenden Beklagten-LKW. Der Kläger hat Fahrer, Halter und Versicherer des LKWs auf dem Standstreifen als Beklagte zu 4 bis 6 und Fahrer, Halter und Versicherer des vorbeifahrenden LKWs als Beklagte zu 1 bis 3 in Anspruch genommen. Umstritten war die Haftungsfrage auch, da er Kläger behauptete, er sei aufgrund des auf der Fahrbahn befindlichen Beklagten zu 1 erschrocken gewesen und habe aufgrund dessen Trümmerteile überfahren und das Fahrzeug verzogen. Das Gericht nahm eine Haftungsverteilung 30 zu 70 zu Lasten der Beklagten an.
Ansprechpartnerin
RAin Dr. Corinna Carl, Berlin
corinna.carl@bld.de
Haftungsabwägung bei zwei hintereinander stattfindenden Verkehrsunfällen (mit BLD-Anmerkung)
OLG Köln, Urteil vom 2.8.2023 - 22 U 164/21