1. Der Umsturz eines Baumes auf ein Fahrzeug, der nicht in einem Zusammenhang mit dem Fahrzeugbetrieb oder seinen Einrichtungen steht, stellt einen Fall höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG dar. Eine Haftung von Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeuges scheidet danach aus.
2. Der Geschädigte muss beweisen, dass bei einer regelmäßigen Kontrolle die sich konkretisierte Gefahr bzw. die Schädigung des Baumes, die zum Sturz führte, hätte festgestellt werden können. Andernfalls scheidet ein Anspruch gegen den Verkehrssicherungspflichtigen aus.
Anmerkung
Das LG Duisburg hat bei einem Verkehrsunfall die Haftung aus der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs nach § 7 Abs. 2 StVG verneint, da der Unfall für den Fahrer und Halter ein Ereignis höherer Gewalt war. Gegen das Urteil wurde vor dem OLG Düsseldorf Berufung eingelegt, diese dann aber wieder zurückgenommen, sodass das Urteil rechtskräftig ist.
Dem Urteil lag ein besonderer Sachverhalt zu Grunde. Bei einer nächtlichen Fahrt mit einem Pkw fiel aus einer rechts gelegenen Böschung ein großer Baum um und schlug auf dem Dach des Pkw auf. Die Beifahrerin im Pkw wurde sehr schwer verletzt. Die Beweisaufnahme ergab, dass der Fahrer des Pkw den Unfall nicht verhindern konnte. Es herrschten auch keine besonderen Wetterverhältnisse, die das Umstürzen eines Baumes hätten erwarten lassen. Das Unfallereignis hat das LG auf höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG zurückgeführt und eine Haftung aus der Betriebsgefahr verneint.
Mit dem 2. Schadenrechtsänderungsgesetz, das zum 1.8.2002 in Kraft getreten ist ( vgl. hierzu Übersicht bei Wagner NJW 2002, 249), wurde auch das Haftungsrecht nach dem StVG erheblich erweitert. Hiernach kann nur einem anderen Kraftfahrer nach § 17 Abs. 3 StVG die Unabwendbarkeit eines Ereignisses entgegengehalten werden. Gegenüber allen anderen besteht grundsätzlich die Haftung aus der Betriebsgefahr, der nach §§ 9 StVG, 254 BGB nur ein Mitverschulden des Geschädigten entgegengehalten werden kann. Hintergrund für diese Änderung war der Schutz von Kindern, die nach § 828 Abs. 1 bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres und nach § 828 Abs. 2 BGB bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug nicht haften. Die Neuregelung des § 828 Abs. 2 BGB wäre ausgehebelt worden, wenn sich der Halter eines Kraftfahrzeugs nach der vormaligen Regelung des § 7 StVG auf Unabwendbarkeit berufen könnte.
Bisher wurden in einigen Urteilen die Voraussetzungen der höheren Gewalt geprüft, aber immer wieder verneint ( vgl. LG Itzehoe NJW-RR, 2003, 1465; OLG Celle MDR 2005, 1345; AG Brandenburg, 31 C 147/12 - BECKRS 2014, 14487 mit sehr ausführlicher Begründung; OLG Koblenz r+s 2019, 604).
Ansprechpartner
RA Heinz Otto Höher, Köln
heinz-otto.hoeher@bld.de
Höhere Gewalt bei Unfall mit einem umfallenden Baum (mit BLD-Anmerkung)
LG Duisburg, Urteil vom 21.6.2022 - 6 O 123/15