1. Der Versicherungsnehmer hat keinen Anspruch auf Mitteilung des Gesamtbetrages an geleisteten Prämien im Beitragsentlastungstarif seines privaten Krankversicherungsvertrages zuzüglich gesonderter Herausstellung der bislang aus den hierzu geleisteten Prämien gezogenen Nutzungen.
2. Die Unerlässlichkeit und damit die Erteilung einer „Fotokopie“ ist dann erforderlich, wenn die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich ist, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten (Anschluss an EuGH, Urteil vom 4.5.2023 – C-487/21). Die Zahlungshöhe ist kein personenbezogenes Datum. Zur Verständlichkeit der Kennnummer des Versicherungsnehmers oder seines Namens sind diese Daten nicht erforderlich bzw. unerlässlich.
3. Ein Anspruch auf § 242 BGB scheidet aus, wenn der Versicherungsnehmer nicht darlegt, dass die Information für ihn von Bedeutung oder er auf sie angewiesen ist.
4. Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Überlassung der Nachträge zum Versicherungsschein für den Vertragszeitraum, des Antrages, des Erstversicherungsscheins oder der Dokumente mit der Widerspruchs-/Widerrufsbelehrung ist jedenfalls rechtsmissbräuchlich, wenn der wirksame Widerspruch bzw. Widerruf gegen den Beitragsentlastungstarifs aufgrund Zeitablaufs ausscheidet. Die Ausschlussfristen der §§ 5a Abs. 2 Sätze 1 und 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. finden außerhalb des Anwendungsbereiches der Zweiten und Dritten europäischen Richtlinie Lebensversicherung unverändert Anwendung (Anschluss an BGH, Urteil vom 17.12.2014 – IV ZR 260/11).
5. Der Antrag auf Herausgabe sämtlicher allgemeiner, im Rahmen des Abschlusses eines Versicherungsvertrages immer zu erteilender Vertragsinformationen ist mangels Bestimmtheit unzulässig.
6. Dem Versicherungsnehmer steht kein Auskunftsanspruch gegenüber dem Versicherer hinsichtlich der Höhe der auslösenden Faktoren zu, da es sich dabei bereits erkennbar nicht um ein personenbezogenes Datum im Sinne der DSGVO handelt.
Anmerkung
Mit seiner Entscheidung schließt sich das LG Landau einer Reihe von mittlerweile ergangenen ablehnenden Entscheidungen zu dem noch jungen Komplex des Widerrufs bzw. Widerspruchs im Rahmen des Beitragsentlastungstarifs in der privaten Krankenversicherung an (vgl. etwa LG Lüneburg, Urteil vom 28.2.2023 – 5 O 379/22; LG Konstanz BeckRS 2022, 39141).
Zutreffenden führt die Kammer aus, dass ein Widerruf bzw. Widerspruch im Rahmen des Beitragsentlastungstarifs nach Ablauf der Ausschlussfristen ausscheidet, da der Beitragsentlastungstarif nicht der Zweiten und Dritten Lebensversicherungsrichtlinie unterfällt. Konsequenterweise lehnt die Kammer die zu diesem Zweck geltend gemachten Auskunftsansprüche als rechtsmissbräuchlich ab und folgt damit der herrschenden Auffassung, wonach eine Auskunft nicht um ihrer selbst Willen zu erteilen ist, sondern einem mit der Auskunft verfolgten Zweck dienen muss (vgl. etwa BGH NJW 02, 3771).
Besonderes Augenmerk ruht zudem auf den Ausführungen hinsichtlich des Unerlässlichkeitsbegriffs im Zusammenhang mit der Ausstellung von Kopien gemäß Art. 15 Abs. 3 VVG unter Berücksichtigung der jüngeren EuGH-Rechtsprechung. Hierzu führt die Kammer im Sinne des vom EuGH vorgegebenen restriktiven Verständnisses treffend aus, dass die Verständlichkeit der personenbezogenen Daten aus den im Rahmen der Auskunftsbegehren verlangten Unterlagen regelmäßig nicht der Vorlage von Ablichtungen der vollständigen Unterlagen bedarf und ein Anspruch dann insoweit ausscheidet.
Ansprechpartner
RA Dr. Tobias Britz, Köln
tobias.britz@bld.de
RA Tim Brauer, Köln
tim.brauer@bld.de
In Verbindung stehende Entscheidungen
LG Lüneburg, Urteil vom 28.2.2023 - 5 O 379/22 (nicht rechtskräftig)
LG Aurich, Urteil vom 20.2.2023 - 3 O 676/22 (nicht rechtskräftig)
LG Hanau, Urteil vom 4.1.2023 - 9 O 779/22 (nicht rechtskräftig)
Kein Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers zwecks Widerrufs / Widerspruchs im Rahmen eines Beitragsenlastungstarifs (mit BLD-Anmerkung)
LG Landau i.d.Pf., Urteil vom 12.7.2023 - 4 O 365/22 (nicht rechtskräftig)