Eine Haftung aus Tierhalterhaftung aufgrund einer traumatischen Ruptur des vorderen Kreuzbandes eines anderen Hundes nach einer Hunderangelei kann aus Gründen der Kausalität entfallen, wenn der betroffene geschädigte Hund zuvor unter einer chronischen Kreuzbanderkrankung litt und der Vorfall lediglich die partielle Ruptur in eine vollständige Ruptur überführt hat. Denn diese wäre auch ohne das Trauma in einem überschaubaren Zeitraum eingetreten. Der Nachweis, dass die geltend gemachten Heilbehandlungskosten auf das schädigende Ereignis zurückzuführen sind, gelingt in einer derartigen Konstellation nicht.
Anmerkung
Hier stritten die Parteien um Heilbehandlungskosten nach einer Hunderangelei. Nach dem Vorfall hinkte die Hündin der Geschädigten. Im Anschluss ist durch den Tierarzt eine vollständige Kreuzbandruptur festgestellt worden. Die Hündin wurde daraufhin operiert. Die damit einhergehenden Kosten beliefen sich auf über 2.500 Euro, die erst vorgerichtlich und dann gerichtlich geltend gemacht worden sind, da die Tierhalterversicherung des anderen Hundehalters für diese Kosten nicht aufkommen wollte. Die Versicherung war der Ansicht, die geltend gemachte Verletzung sei auf den streitgegenständlichen Vorfall nicht zurückzuführen.
Im Ergebnis sollte die Versicherung hier nach Einschaltung eines veterinärmedizinischen Sachverständigen Recht behalten. Dieser kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der geschädigte Hund bereits unter einer chronischen Kreuzbanderkrankung gelitten hat. Das Trauma hat lediglich die partielle Ruptur in eine vollständige Ruptur überführt. Dies wäre auch ohne Trauma zeitnah passiert. Vor diesem Hintergrund sah das Gericht nachvollziehbarerweise den Nachweis, dass die Heilbehandlungskosten auf das Ereignis zurückzuführen seien, als nicht erbracht an.
Die hier im Streit stehende Schadenanlage wird in der Praxis der Schadenregulierung gerne übersehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung entfällt die Haftung aus Gründen der Kausalität stets dann, wenn der durch den Unfall ausgelöste Schaden aufgrund von Vorschäden auch ohne den Unfall früher oder später eingetreten wäre (BGH, Beschluss vom 10.7.2018 – VI ZR 580/15). Eine andere – verwandte – Problematik ist die, dass das Tier sich die Verletzung auch selbst zugefügt haben kann, wie es z. B. beim Griffelbeinbruch eines Pferdes der Fall ist. Auch hier entfällt die Kausalität. In der Praxis ist es vorgerichtlich daher stets sinnvoll, hier auf Grundlage von geeigneten Bildaufnahmen kurz veterinärmedizinische Expertise hinzuziehen.
Bei älteren Tieren sollte auch stets die Verhältnismäßigkeit der Behandlungskosten im Auge behalten werden. Zwar ist eine genaue Festlegung der Grenze, bis zu der der Schädiger die Behandlungskosten zu tragen hat, nicht möglich. Es schadet aber vorgerichtlich sicherlich nicht, von Seiten des Geschädigten umfangreich Unterlagen anzufordern, die später im Fall eines Streites und der notwendigen gerichtlichen Klärung für den Wert des Tieres von Bedeutung sein können.
Ansprechpartner
RA Thomas Glas, München
thomas.glas@bld.de
Keine Haftung für Schäden aus einer Hunderangelei wegen fehlender Kausalität durch Vorschäden (mit BLD-Anmerkung)
AG Amberg, Urteil vom 11.10.2023 - 1 C 607/20