Eine Verweisung der Beklagten auf eine (vertragliche) Geheimhaltungsvereinbarung anstelle eines gerichtlichen Geheimhaltungsbeschlusses erscheint mit Blick auf ihre – berechtigten – Geheimhaltungsinteressen als nicht zumutbar. Der Auffassung des OLG München (vgl. OLG München, Beschluss vom 8. 5.2023 – 38 U 6499/22) und des Klägers kann nicht beigetreten werden. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine außergerichtliche (vertragliche) Geheimhaltungsvereinbarung gleichwertig mit einer gerichtlichen Geheimhaltungsverpflichtung wäre. Ein gerichtlicher Geheimhaltungsbeschluss ist schließlich weitergehender als eine bloße Geheimhaltungsvereinbarung zwischen den Parteien. Es besteht bei Nichtbefolgung eine Strafbarkeit nach § 353d Nr. 2 StGB. Eine vertragliche Geheimhaltungsverpflichtung würde allenfalls zu einer Schadensersatzpflicht bzw. einer Vertragsstrafe führen. Insofern schützt ein gerichtlicher Geheimhaltungsbeschluss die – berechtigten – Interessen der Beklagten besser. Die Beklagte muss sich daher nicht auf das niedrigere Schutzniveau einer vertraglichen Vereinbarung verweisen lassen.
Ansprechpartner
RA Stephan Hütt, Köln
stephan.huett@bld.de
Keine Verweisung des Versicherers auf vertragliche Geheimhaltungsvereinbarung
LG Bochum, Urteil vom 29.9.2023 - I-4 O 204/22 (nicht rechtskräftig)