Einen Lebensmittelproduzenten treffen ohne besonderen Anlass grundsätzlich keine gesteigerten Prüfpflichten.
Anmerkung
Liefert ein Zwischenhändler eine mangelhafte Lebensmittelzutat, stellt sich regelmäßig die Haftungsfrage. Nach dem Leitbild des deutschen Zivilrechts setzt eine Haftung auf Schadensersatz grundsätzlich ein Vertretenmüssen, also entweder eigenes Verschulden oder zurechenbares Fremdverschulden voraus. Nach der ständigen "Zwischenhändlerrechtsprechung" des BGH muss sich der Händler ein Verschulden des Herstellers aber nicht über § 278 BGB zurechnen lassen, gesteigerte Prüfpflichten treffen ihn ebenfalls nicht. Ob dies auch für den industriellen Importeur von Lebensmittelzutaten gilt, ist streitig. Zu dieser Frage hat das OLG Hamm nun am 26.1.2023 (I-2 U 49/21) ein wichtiges Urteil gefällt: Ohne Anlass ist der Lebensmittelimporteur nicht zu besonderen Prüfungen verpflichtet. Dies gilt insbesondere dann, wenn übliche Untersuchungen den Mangel nicht offenbart hätten – labortechnische Untersuchungen schuldet der Lebensmittelimporteur ohne gesonderte Beauftragung nicht. Diese Entscheidung ist auch für die nach wie vor aktuellen Ethylenoxid-Fälle von Bedeutung.
Die Entscheidung des OLG Hamm ist ganz im Sinne der Lebensmittelsicherheit, denn sie weist – haftungsrechtlich – dem Lebensmittelproduzenten die Produktverantwortung zu. Stellt dieser die Qualität der Ware nicht durch eigene Kontrollen sicher, kann er sich nicht beim Zulieferer schadlos halten, sondern bleibt für eigene Schäden selbst verantwortlich.
Ansprechpartner
RA Dr. Martin Lomb, LL.M., Köln
martin.lomb@bld.de
Lebensmittelproduzenten treffen ohne Anlass keine gesteigerten Prüfpflichten (mit BLD-Anmerkung)
OLG Hamm, Urteil vom 26.1.2023 - I-2 U 49/21