1. Das Verlassen der Unfallstelle stellt einen Verstoß gegen obliegende Aufklärungspflichten dar. Ergibt sich aus Lichtbildern der Schäden am Fahrzeug sowie dem Anstoßobjekt (Gullydeckel, Grasnarbe) eine erhebliche Anstoßenergie und erhebliche Schäden, ist davon auszugehen, dass der Fahrer den Unfall auch (akustisch, taktil) bemerkt hat.
2. Der Fahrer handelt auch arglistig, soweit er es auch im Übrigen unterlassen hat, die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.
3. Dem steht nicht entgegen, dass er sich zu einem späterenZeitpunkt als Fahrer offenbart hat, da dieser Umstand schlicht dem Zufall geschuldet ist, dass sich bereits Polizeibeamte bei dem abgestellten Fahrzeug befunden haben, als der Fahrer zurück zum Fahrzeug kam.
4. Aufgrund der Arglist kommt es daher auch nicht auf eine Kausalität nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG an, die aber ungeachtet davon auch vorliegt.
5. Eine Eignung der Gefährdung der Interessen des Versicherers ist im Falle der Unfallflucht gegeben, da dieser das berechtigte Interesse hat, durch Feststellungen vor Ort die Angaben des Versicherten zum Unfallhergang zu überprüfen und auch in Erfahrung zu bringen, ob der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer zum Unfallzeitpunkt fahrtüchtig gewesen ist o. ä. Solche Feststellungen sind nachträglich regelmäßig jedoch nur eingeschränkt möglich, insbesondere wenn sich - wie vorliegend - auf einen Wildunfall ohne Berührungen mit dem Tier bezogen wird.
6. Das Verhalten des Geschäftsführers der Versicherungsnehmerin ist dieser gemäß § 31 BGB zuzurechnen.
Ansprechpartnerin
RAin Dr. Corinna Carl, Berlin
corinna.carl@bld.de
Obliegenheitsverletzungen, Unfallflucht und Arglist in der Kaskoversicherung
LG Frankfurt/O., Urteil vom 19.6.2024 - 15 O 70/23 (nicht rechtskräftig)