Die Haftung des Halters gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG ist gegeben, wenn der ordnungsgemäß abgestellte Anhänger durch einen anderen Pkw angestoßen wird und sodann gegen ein Gebäude rollt. Die dem Anhänger konstruktionsbedingt innewohnende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft besteht durch das Belassen im Verkehrsraum fort.
Anmerkung
Die Vorinstanzen verneinten eine Haftung. Der ordnungsgemäß abgestellte Anhänger wurde nur in Bewegung gesetzt, weil ein anderer Pkw-Fahrer schuldhaft die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und dagegen prallte. Der Betriebsgefahr des Anhängers sei in diesem Zusammenhang nur eine ganz untergeordnete Bedeutung beizumessen, sodass eine Einstandspflicht aus der Gefährdungshaftung ausscheide.
Dass der Anhänger sich nach dem Anstoßen weiter fortbewegt, ist allerdings die typische Gefahr des Anhängers, auch wenn diese durch Fremdeinwirkung ausgelöst wurde, so der BGH. Dem Umstand, dass das Unfallgeschehen maßgeblich durch den Fahrer bestimmt wurde, kann im Innenausgleich der Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB Bedeutung zukommen.
Die Entscheidung passt inhaltlich zu anderen aktuellen Entscheidungen des BGH, die den Begriff „bei dem Betrieb“ weit auslegen, wobei dieser bei der Anhängerhaftung (§ 19 StVG) und bei der Kfz-Haftung (§ 7 StVG) deckungsgleich ist. Sie fügt sich an die Entscheidung vom 11.2.2020 (VI ZR 286/19), in der ein Anhänger durch starken Wind in Bewegung geriet und gegen ein anderes Fahrzeug geschoben wurde.
Auch in zeitlicher Hinsicht wurde die Betriebsgefahr jüngst auf Sachverhalte ausgeweitet, die über die eigentliche Benutzung eines Fahrzeugs hinausgeht. In den Entscheidungen VI ZR 236/18 und VI ZR 319/18 wurde die Betriebsgefahr erstreckt auf Schadenfälle, in denen sie sich erst nach einer Verzögerung von eineinhalb oder drei Tagen realisiert hat.
Grenzen fand die Betriebsgefahr jedoch in dem am 24.1.2023 entschiedenen Fall. In der Entscheidung VI ZR 1234/20 wurde die Halterhaftung verneint, nachdem eine aus einem E-Scooter ausgebaute Batterie beim Ladevorgang in Brand geriet. Dort fehlte es am erforderlichen Zurechnungszusammenhang, denn die ausgebaute Batterie war nicht mehr Teil der Betriebseinrichtung.
Die Halterhaftung ist auch nicht etwa beschränkt auf Gefahrenquellen, die exklusiv nur Fahrzeugen zukommt. Der Halterhaftung steht im aktuell entschiedenen Fall mithin nicht entgegen, dass der Schaden auch hätte eintreten können, wenn statt des Anhängers beispielsweise ein Müllcontainer mit Rollen angeschoben worden wäre.
Ansprechpartner
RA Florian Krapoth, Köln
florian.krapoth@bld.de
Reichweite der Halterhaftung bei einem ordnungsgemäß abgestellten Anhänger (mit BLD-Anmerkung)
BGH, Urteil vom 7.2.2023 - VI ZR 87/22