Eine Überflutung von Grund und Boden setzt nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers voraus, dass sich erhebliche
Wassermengen auf der Geländefläche ansammeln (BGH, Urteil vom 20.4.2005 - IV ZR 252/03 - NJW-RR 2005, 1052; OLG Köln, Urteil vom 9.4.2013 - 9 U 198/12 - NJW-RR 2013, 1120). Es genügt nicht, dass Wasser ohne eine solche Ansammlung auf der Geländeoberfläche in ein Gebäude hineingeflossen ist. Auch wenn ein versicherter Überschwemmungsschaden nicht voraussetzt, dass das gesamte Grundstück überflutet ist, muss sich das Wasser jedoch auf einem erheblichen Teil der Geländeoberfläche angesammelt haben.
Anmerkung
1. Die Entscheidung des LG Köln ist über den Einzelfall hinausgehend von Interesse. Dies gilt namentlich für die Ausführungen der Versicherungskammer, dass ein erheblicher Teil des Grundstücks überschwemmt sein muss. Dies wird vom Gericht sodann aber nicht näher weiter definiert. Dass ein nur kleiner Bereich am Haus überschwemmt wurde, genügt dem LG Köln jedenfalls nicht. Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, ebenso, dass es umgekehrt selbstverständlich nicht notwendig ist, dass das gesamte Grundstück überschwemmt wird.
2. Es wird zum Teil unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH zur Kaskoversicherung (BGH VersR 2006, 966) die Auffassung vertreten, dass eine Überschwemmung kein gewisses räumliches Ausmaß haben muss, sondern nur solange, dass das landüberdeckende Wasser auch sonst nicht dem in Anspruch genommenen Gelände ungeordnet steht oder fließt (so Rixecker in seiner Anmerkung zu AG Heinsberg zfs 2007, 698).
Dies übersieht jedoch, dass die Rechtsprechung des BGH zur Kaskoversicherung nicht auf die Sachversicherung ohne weiteres übertragen werden kann, schon weil in den AKB die Überschwemmung nicht weiter definiert wird. Im Rahmen der Sachversicherung bedarf es nun einmal der Tatbestandsvoraussetzung einer erheblichen Wassermenge auf einer Geländeoberfläche. Daraus ergibt sich, dass es grundsätzlich zwar ausreicht, wenn sich das Wasser nur auf einem Teil dieser Geländeoberfläche ansammelt; umgekehrt setzt dieser sachversicherungsrechtliche Überschwemmungsbegriff aber wiederum voraus, dass dieser Teil doch eine gewisse Größe aufweisen muss, sodass es nicht ausreicht, wenn z.B. nur ein einziger Quadratmeter des Geländes überschwemmt ist.
3. Auch wenn es keine starre Quadratmetergrenzen geben kann, muss es sich jedenfalls bezogen auf das gesamte unbebaute Grundstück (die bebaute Fläche ist also herauszurechnen) um eine signifikante Größe handeln. Als Faustregel erscheint ein Anteil bei einem „normal“ großen Privatgrundstück von etwa 10 % der unbebauten Geländeoberfläche als sachgerecht (vgl. auch Günther, Elementarschadenversicherung in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, Band 3, 2. Aufl. 2017, Nr. 230, Rn. 39).
Ansprechpartner
RA Prof. Dr. Dirk-Carsten Günther, Köln
dirk-carsten.guenther@bld.de
Überflutung von Grund und Boden setzt Wassermassen auf erheblichem Teil der Geländeoberfläche voraus (mit BLD-Anmerkung)
LG Köln, Urteil vom 29.11.2023 - 20 O 16/23 (nicht rechtskräftig)