1. Ein Tiefbauingenieur hat Schäden, die bei einer sog. HDD-Bohrung an einer versprungenen Leitung entstehen, nicht zu vertreten, wenn er die sich aus den Versorgerplänen ergebende plangemäße Lage jedenfalls in der Start- und Zielgrube der Bohrung kontrolliert.
2. Ein Sicherheitsabstand von 50 cm (ausgehend von der plangemäßen Lage) ist für eine Bohrung unter einem öffentlichen Kreuzungsbereich ausreichend.
Anmerkung
Das LG Mönchengladbach hat eine Klage wegen Beschädigung einer städtischen Rohrleitung bei einer unterirdischen Horizontalbohrung („Horizontal Directional Drilling“, HDD) abgewiesen und ausführlich begründet, warum ein Tiefbauingenieur, die Beschädigung nicht zu vertreten hat:
- Vor Beginn der Arbeiten wurde ein erst zwei Monate alter Bestandsplan direkt vom städtischen Versorger eingeholt
- Die plangemäße Verlegetiefe von 1,20 m hat der Tiefbauingenieur sowohl in der Start- als auch in der Zielgrube der HDD-Bohrung kontrolliert und bestätigt gefunden
Mit der Bohrung in 1,70 m Tiefe (bei dem eine „versprungene“ Leitung getroffen wurde) wurde ein ausreichender Sicherheitsabstand gewahrt
Das LG führte insbesondere auch zu den klägerseits vorgetragenen, "vermeintlichen" weiteren Sicherungspflichten aus: Grundsätzlich müsse der Leitungsverlauf nicht mit einem sog. „Geo-Radar“ vor der Bohrung untersucht werden – das Gericht folgte dabei dem Sachverständigen, der ausgeführt hat, dass diese Geräte nicht zielsicher genug Leitungen aufspüren konnten. Das Gericht verwies auch darauf, dass in einem vielbefahrenen Kreuzungsbereich keine weiteren Erkundungsschachtungen von Hand zu erwarten sind. Eine Horizontalbohrung mache keinen Sinn, wenn der Kreuzungsbereich, unter dem die neue Telekommunikationsleitung verlegt werden sollte, wieder händisch aufgegraben werden müsse. Die Auftraggeberin der Bohrung (ein großes Telekommunikationsunternehmen) gebe schließlich selbst Horizontalbohrverfahren in Auftrag, weil dieses ein grabenloses und im Regelfall auch kostengünstigeres Verfahren ist.
Das Urteil zeigt auf, wie sich die Baubeteiligten bei Leitungsschäden entlasten können. Dabei müssen der Tiefbauingenieur und alle Baubeteiligten aber nach wie vor sehr sorgfältig vorgehen – aktuelle Leitungspläne müssen vom öffentlichen Versorger (ein Architekten- bzw. Ausführungsplan reicht nicht!) eingeholt werden und der Leitungsverlauf muss an geeigneten Stellen durch Handschachtungen überprüft werden (vgl. BGH NJW 1971, 1313, 1314; BGH VersR 2006, 420 Rn. 7; OLG Köln VersR 1995, 1456; OLG Köln VersR 2019, 373, 374; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 22; OLG Hamm VersR 1998, 70; OLG Saarbrücken BB 1959, 173).
Ansprechpartner
RA Klaus Bröcher, Köln
klaus.broecher@bld.de