1. In den Fällen, in denen alle Tarife einheitlich beantragt bzw. abgeschlossen wurden, stellt der Widerruf nur des (unselbständigen) Beitragsentlastungstarifs einen unzulässigen Teilwiderruf dar.
2. Ein erklärter Widerruf der Beitragsentlastungskomponente ist auch dann treuwidrig im Sinne des § 242 BGB und stellt ein widersprüchliches Verhalten dar, wenn im gerichtlichen Beitragsanpassungsverfahren dieser zwar nicht streitgegenständlich war, der anwaltlich beratene Kläger jedoch seine Rechte hat umfassend prüfen lassen.
Anmerkung
In seiner dritten Entscheidung zum Themenkomplex "Widerruf der Beitragsentlastung" hat das LG Ravensburg nunmehr klargestellt, dass der Widerruf nur des (unselbständigen) Beitragsentlastungstarifs einen unzulässigen Teilwiderruf darstellt. Zutreffend hat das Gericht dabei darauf abgestellt, dass es sich bei der Beitragsentlastungstarifkomponente um eine unselbständige Versicherung handelt, die nur in Abhängigkeit zu den Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeld- und Pflegetarifen abgeschlossen werden kann. Bei einem entsprechenden Abschluss wie hier bilden alle Tarife und Tarifkomponenten dann eine rechtliche Einheit.
Das Urteil ist daneben vor allem auch deswegen erfreulich, da in dem gerichtlichen Beitragsanpassungsverfahren die Beitragsentlastungskomponente nicht streitgegenständlich gewesen war. Erstmalig hat nunmehr das LG Ravensburg entschieden, dass eine Verwirkung auch dann vorliegt, wenn der anwaltlich beratene Kläger seine Rechte hat umfassend prüfen lassen, auch wenn diesbezüglich kein Angriff hinsichtlich des Beitragsentlastungstarifs im gerichtlichem Beitragsanpassungsverfahren erfolgt ist.
Ansprechpartner
RA Hueseyin Bulut, Köln
hueseyin.bulut@bld.de
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Widerruf der Beitragsentlastung VI (mit BLD-Anmerkung)
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