1. Die Vorfrage der Wirksamkeit eines Widerrufes einer Beitragsentlastungskomponente hat keine über das von ihm mit der Hauptklage verfolgte Rechtsschutzziel hinausgehende Bedeutung. Mit dem Urteil über die Leistungsklage werden die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt.
2. Wurde die Beitragsentlastungskomponente bis zum Widerruf des Versicherungsnehmers sieben Jahre lang beibehalten und zudem in dieser Zeit von ihm abgeändert, wobei er bei jeder Änderung erneut über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt wurde, ohne aber davon Gebrauch zu machen, durfte der Versicherer berechtigt darauf vertrauen, dass der Versicherungsnehmer auch an dem Tarif festhalten und den Vertrag auch mit dem Ergänzungstarif weiterführen würde.
Anmerkung
Dem Verfahren vor dem LG Chemnitz lag ebenfalls eine Streitigkeit im Zusammenhang mit dem isolierten Widerruf nur der Beitragsentlastungskomponente in der privaten Krankenversicherung des Versicherungsnehmers zugrunde. Das LG Chemnitz hat zutreffend herausgearbeitet, dass die mehrfachen Änderungen des Vertrages (im Jahr 2017 und 2020 Wechsel in einen anderen Tarifen und im Jahr 2020 Erhöhung der Versicherungsleistungen in der Beitragsentlastungskomponente), in welcher der Versicherungsnehmer jeweils erneut belehrt wurde, ohne davon Gebrauch zu machen, dazu geführt haben, dass sich der Versicherungsnehmer auch dann wegen Treuwidrigkeit sein Widerrufsrecht mehr ausüben könnte, wenn die Widerrufsbelehrungen des Versicherers unwirksam gewesen wären. In diesem Fall konnte der Versicherer berechtigter Weise darauf vertrauen, dass der Versicherungsnehmer auch an dem Tarif festhalten und den Vertrag auch mit dem Ergänzungstarif weiterführen würde.
Ansprechpartner
RA Hüseyin Bulut, Köln
hueseyin.bulut@bld.de
In Verbindung stehende Entscheidungen
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Widerruf der Beitragsentlastung VIII (mit BLD-Anmerkung)
LG Chemnitz, Urteil vom 27.11.2023 - 5 O 98/23 (nicht rechtskräftig)