1. Maßstab für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit ist der bisherige Beruf in seiner konkreten Ausprägung (BGH vom 9.3.2011 - IV ZR 137/10 - VersR 2011, 518, 519). Der Kläger trägt insofern widersprüchlich vor, wenn er vorprozessual angibt, überwiegend im Außendienst verbunden mit vielstündigen Fahrzeiten tätig gewesen zu seinund dann im Prozess dann vortragen lässt, weit überwiegend Bürotätigkeiten ausgeübt zu haben und er weder den Widerspruch seiner vorprozessualen zu den prozessualen Angaben aufgelöst noch ordnungsgemäß Beweis angeboten hat.
2. § 448 ZPO will und darf nicht die beweisbelastete Partei von den Folgen der Beweisfälligkeit, etwa infolge Fehlens anderer Beweismittel befreien; sein Zweck besteht vielmehr darin, dem Gericht dann, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht und andere Erkenntnisquellen nicht mehr zur Verfügung stehen, ein Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit an die Hand zu geben (vgl. Zöller, ZPO, 35. Auflage, § 448 Rn. 2 m.w.N.).
3. Auch aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes ist eine Anhörung des Klägers gemäß § 141 ZPO nicht geboten. Dies wäre nur der Fall, wenn es sich etwa bei der versicherten Person um einen überwiegend allein tätigen Selbständigen handelt, sodass der Arbeitsablauf und die damit verbundenen Anforderungen typischerweise nicht durch Zeugen bekundet werden können. Aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kann sich insoweit durchaus das Recht einer Partei ergeben, ihre Wahrnehmungen über eine streitige Tatsache dem Gericht für eine Würdigung zu präsentieren, wenn sie sich etwa in Beweisnot befindet und den von ihr zu führenden Beweis oder Gegenbeweis nur mit ihrer eigenen Aussage erbringen könnte, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Parteivernehmung aber nicht vorliegen (vgl. Zöller, ZPO, 35. Auflage, § 141, Rn. 3a). Eine derartige Beweisnot war hier jedoch weder dargetan noch ersichtlich.
4. Für ein abweichendes Berufsbild hat der darlegungs- und beweisbelastete Versicherungsnehmer keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten. Sofern er sich an den vorprozessual gemachten Angaben nicht mehr festhalten lassen möchte, obliegt es ihm, die Unrichtigkeit dieser Angaben darzulegen und zu beweisen, zumindest aber zu erläutern, weshalb eine Erklärung unrichtigen Inhalts abgegeben wurde. Den eklatanten Widerspruch vermag er weder aufzuklären noch für seinen nunmehrigen abweichenden Sachvortrag zum Berufsbild ordnungsgemäß Beweis anzubieten.
Ansprechpartnerin
RAin Anne Middel, Köln
anne.middel@bld.de
Widersprüche bei der Darlegung des bisherigen Berufs in seiner konkreten Ausprägung
LG Aachen, Urteil vom 30.1.2025 - 9 O 135/24 (nicht rechtskräftig)