1. Die Haftung des Pkw aus Betriebsgefahr tritt hinter dem Eigenverschulden eines Fußgängers, der plötzlich die Fahrbahn betritt, zurück, wobei für das Mitverschulden des Fußgängers ein Anscheinsbeweis streitet.
2. Steht fest, dass das Betreten der Straße durch einen Fußgänger zu einem Verkehrsunfall geführt hat, spricht ein Anscheinsbeweis für einen Verstoß des Fußgängers gegen § 25 Abs. 3 StVO (OLG Hamm, Urteil vom 16. 11. 2007 - 9 U 92/07, NJW-RR 2008, 1349. beck-online).
Anmerkung
Zur Vermeidbarkeit eines Zusammenstoßes mit einem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger kommt es nicht allein darauf an, ob der Fahrer des Fahrzeugs vor der späteren Unfallstelle noch hätte zum Stehen kommen können. Ein Unfall kann in solchen Fällen auch dann verhindert werden, wenn Zeit bleibt, das Fahrzeug so weit abzubremsen, dass es den Punkt, an dem der zu Fuß Gehende die Fahrspur kreuzt, erst erreicht, nachdem dieser ihn schon wieder verlassen hat. Solcher Möglichkeit einer Vermeidbarkeit im Sinne eines Auseinanderfallens von „räumlicher" und „zeitlicher" Vermeidbarkeit muss vor allem dann nachgegangen werden, wenn Sekundenbruchteile genügen, um den zu Fuß Gehenden aus der Gefahrenzone zu bringen. Dabei bedarf es auch der Erörterung, ob und inwieweit eine rechtzeitige Ausweichlenkung zur Vermeidung des Zusammenstoßes hätte beitragen können (Rogler in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 25 StVO (Stand: 01.12.2021), Rn. 184).
Reagieren muss der Pkw-Fahrer erst, wenn für ihn erkennbar wird, dass der Fußgänger unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO auf die Fahrbahn laufen würde, ohne ihm Vorrang zu gewähren. Je nach örtlichen Verhältnissen muss das nicht bereits das Betreten der Fahrbahn durch den Fußgänger sein.
Ansprechpartner
RA Cornelius Maria Thora, Frankfurt/M.
cornelius.thora@bld.de