Alleine durch die Zustimmung zur Entsorgung ist regelmäßig nicht nachgewiesen, dass mit dieser Erklärung die Beweislage des Versicherungsnehmers in einem künftigen Prozess nachhaltig beeinflusst werden soll, was allerdings für eine Beweisvereitelung Voraussetzung wäre. Es liegt vielmehr nahe, mit der Entsorgung beschädigter Anlagenteile solange zu warten, bis der Schadenfall insgesamt abgewickelt ist oder eine Haftungserklärung des Versicherers vorliegt. Jedenfalls muss der Versicherungsnehmer solange warten, bis die schriftlichen Erklärungen des Gutachters zu dem Schadenfall vorliegen.
Anmerkung
1. Der Versicherungsnehmer meldete einen blitzbedingten Überspannungsschaden an drei unterschiedlichen elektronischen Teilen. Der vom Versicherer beauftragte Sachverständige untersuchte die Teile in seinem eigenen Labor und schickte diese im Anschluss an den Versicherungsnehmer zurück. Auf Rückfrage des Versicherungsnehmers, ob die beschädigten Teile entsorgt werden könnten, gab der Gutachter das „okay“ zur Entsorgung.
In seiner späteren schriftlichen gutachterlichen Stellungnahme führte er im Einzelnen aus, es sei an einem Gerät ein externer Spannungsüberschlag aus der Spannungsversorgung und daraus resultierende sichtbare Beschädigungen nachgewiesen. Weiter stellte der Sachverständige fest, dass dieser Schaden aufgrund eines Stromausfalls beim Versorger entstanden sei und nicht durch Blitzschlag oder blitzbedingte Überspannung. Bei den übrigen Geräten war ein Spannungsüberschlag aus unterschiedlichen Gründen ausgeschlossen. Im Rahmen des erstinstanzlichen Prozesses stellte sich heraus, dass der Versicherungsnehmer die beschädigten Anlagenteile bereits entsorgt hatte. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger führte aus, dass ohne eigene Untersuchung der Teile keine eigenen Erhebungen zur Schadenursache getroffen werden könnten. Dementsprechend wies das LG die Klage ab, da der Versicherungsnehmer beweisfällig blieb. Die hiergegen gerichtete Berufung des Versicherungsnehmers stützte sich im Wesentlichen darauf, dass vorsätzliches oder zumindest fahrlässiges Verhalten des Versicherers dazu geführt habe, dass ein an sich möglicher Beweis verhindert oder erschwert wurde und dadurch die Beweisführung des Gegners (= Versicherungsnehmer) scheitert. Mithin habe der Versicherer eine Beweisvereitelung begangen.
Hierzu führt der Senat in einem Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO aus, dass alleine durch die Zustimmung der Entsorgung regelmäßig nicht nachgewiesen sei, dass mit dieser Erklärung die Beweislage des Versicherungsnehmers in einem künftigen Prozess nachhaltig beeinflusst werden soll, was allerdings für eine Beweisvereitelung Voraussetzung wäre. Es liege vielmehr nahe, mit der Entsorgung beschädigter Anlagenteile solange zu warten, bis der Schadenfall insgesamt abgewickelt ist oder eine Haftungserklärung des Versicherers vorliege. Jedenfalls müsse der Versicherungsnehmer solange warten, bis die schriftlichen Erklärungen des Gutachters zu dem Schadenfall vorliegen.
2. Die Entscheidung des Senats steht im Spannungsverhältnis zwischen dem Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB, dem Obliegenheitenrecht des VVG und den prozessualen Beweislastgrundsätzen.
Es ist zu beobachten, dass im Falle der Reparatur oder Entsorgung versicherter Sachen durch den Versicherungsnehmer die Verantwortlichkeit etwaiger hieraus resultierender Beweisnot zunehmend auf den Versicherer übergewälzt werden soll. Dies gelingt jedoch ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherer tatsächlich die beweisrechtliche Ausgangslage des Versicherungsnehmers nachteilig beeinflussen
möchte, nicht.
Ansprechpartner
RA Thomas Bangen, LL.M., Köln
thomas.bangen@bld.de
Zustimmung zur Entsorgung ist regelmäßig für eine Beweisvereitelung durch den Versicherer nicht ausreichend (mit BLD-Anmerkung)
OLG Hamm, Beschluss vom 24.5.2024 – I-6 U 213/23